VinoKilo – ein kritischer Besuch beim “Vintage PopUp Event”
Das Kaufen von gebrauchter Kleidung schont nicht nur Ressourcen, sondern auch den Geldbeutel und ermöglicht es auch weniger Privilegierten nachhaltig zu shoppen - so heißt es zumindest in zahlreichen Instagramposts, Ratgebern und Podcastfolgen. Doch trifft diese Logik überhaupt zu - und wie steht es um die Fairness beim Second Hand Shopping?

hey,
eine freundin hat werbung dafür gemacht, und so kam ich auf das thema, weil man natürlich wissen will “was ist das? was steckt dahinter?”. auf die schnelle findet man im netz nicht viel verwerbares, eher kernige topics ohne inhalt und details, die typische masche beim blenden (genauso wie beim fraud).
misstrauisch hat mich
-zuerst ein kleines detail, die bezahlart in grossen lettern gemacht “NUR KARTENZAHLUNG”, untypisch für second hand.
-dann der aufbau einer bestimmten einkaufsatmosphäre mit musik, essen, unterhaltung und wein usw . braucht ein normaler mensch diese überzeugungsarbeit um nachhaltige mode zu kaufen? sowas kenn ich nur von: posh events for posh people.
-und auch ein reflecta interview mit robin balser, dem kopf dahinter, der sein bedauern ausdrückt, dass er nicht als social entrepreneur wahrgenommen wird.
deshalb vielen dank für deinen artikel. er half ungemein um die ganze sache klarer einzusortieren und sich ein fazit zu bilden. danke auch für den kommentar von sonja arnold: dein fazit -> perfekte wortwahl.
Ich bin Besitzerin einer kleinen secondhand-Boutique in Zürich. Ich finde den Artikel extrem spannend und danke für die geleistete Recherche. Wie kann man sich persönlich und als Kleinuntnehmen politisch zum Beispiel für ein Lieferkettengesetz und ähnliche Lösungsansätze engagieren?
Hallo Noémi,
vielen Dank für das Feedback!
Hier findest du weitere Infos, Petitionen & Initiativen:
https://www.fashionrevolution.org/about/get-involved/retailer/brands/ (international)
https://fashionrevolutiongermany.de/projekte/fashion-revolution (DE)
https://lieferkettengesetz.de/ und https://www.lieferkettengesetz.at/ (für die Schweiz ist mir da leider nichts bekannt).
Ich hoffe, das hilft ein wenig weiter…
Viele Grüße
Sonja
Ich wollte dem Vinokilo gestern in Berlin zumindest mal eine Chance geben und mir das anschauen. Wurde nix, da mich trotz “time slot” Ticket eine lange Warteschlange zum Einlass “begrüßte”, die sich kaum bewegte. Sehr bescheiden organisiert…
Bin ich bereit, eine geschlagene Stunde zu warten, um mir evtl. 2nd Hand Klamotten zu einem ziemlich stolzen Preis zu kaufen? Die Antwort ist ein eindeutiges, entschiedenes, verärgertes, lautstarkes NEIN…
VinoKilo hat sehr effektiv aus einem potentiell stark Interessierten einen scharfen Kritiker gemacht, der ganz sicher kein zweites Mal wertvolle Zeit opfern wird für gar nichts. Wegbleiben!
Dass du so schlechte Erfahrungen gemacht hast, ist ja schade! In Münster ging der Einlass damals relativ schnell, da war der Hype aber vielleicht auch noch nicht so groß…
Oh!!! Ich bin erfreut,daß es junge Leute gibt,die HINTERFRAGEN. Ich habe leider den Eindruck, daß Mode und Meinung zu einer schier unübersehbaren Masse an Anpassung geführt hat: Die Hauptsache hip -Mode- u.Meinungskonform.
Meine erste Frage zu dem “Vintagehandel”war auch:Woher kommt das Zeug? Und wird das Ärmeren eigentlich entzogen-wie hoch ist der Anteil von Kleidercontainern,die eben nicht mehr in den Kleiderkammern ankommen?
Und die Eventpreise+Kilopreise muß man sich auch erstmal leisten können. Von den Arbeitsbedingungen u.Lohndumping gar nicht zu reden.
Mein Fazit: Es manifestiert sich weiter eine elitäre Generation,die den Zeitgeist mit entsprechenden Worthülsen (Ressourcenrettung) für sich selbst ausnutzen.
Tut mir leid, aber auch sowas schafft Kkassengesellschaft.
Ich finde es auch super schade – auf der einen Seite landet Tonnenweise “Fast Fashion” mit verzogenen Nähten, aus dünnem Stoff oder mit anderen Mängeln in Containern, Kleiderkammern und im Globalen Süden (wo es die lokale Textilindustrie schädigt), und auf der anderen Seite werden dann Tonnenweise “Vintageklamotten” zu Preisen, die man meiner Meinung nach nicht fair nennen kann, an diejenigen verkauft, die es sich – im doppelten Sinne – leisten können, darin rumzulaufen. Ich hoffe wirklich, dass sich daran etwas ändert – sehe aber im Moment noch nicht, wie und wo…
Dass viele, meist junge Menschen oder die, die es gerne nach außen bleiben wollen, modisch gekleidet sein wollen, ist nichts Neues. Ich denke da mal an Goethes Werther und die von ihm ausgelöste Mode. Dass hier in Berlin schon lange Kiloware zu bekommen ist, ist eigentlich nicht verkehrt. Die Auswahl wurde nur in der letzten Dekade schlechter, die Preise teurer und manches geht halt auch weg wie warme Semmeln. Eine gescheite 501 aus europäischer Produktion zu bekommen, ist eigentlich nicht mehr möglich. Früher kostete die auch nur 20 €, jetzt eher 40 €. Vielleicht fördert die junge Generation, die Vintage liebt, wenn alle guten Stücke abgetragen oder zerschlissen sind, ja tatsächlich qualitativ gute Mode. Das Mode nicht billig sein kann – genau wie Lebensmittel – wenn sie gut und fair hergestellt sein soll und langlebig, ist normal. Alles für alle umsonst oder bezahlbar ist nicht das kapitalistische Konzept. Dass Vintage-Kaufen aber armen Leuten ihre Mode wegnimmt, das war noch nie so. Die hippen Secondhandläden in den 90er, in denen es Schlaghosen gab, waren auch schon damals nicht der Arme-Leute -Stil. Die Gentrifizierung von Mode im Secondhandbereich ist quatsch. Wer mit wenig Geld nen Schnäppchen machen will, der muss bei Ebay auf günstige Auktionen warten.